Revitalisierung geglückt
In Recklinghausen entstand ein vielseitiges MarktQuartier
Mit der Schließung von Karstadt in Recklinghausen 2016 endete eine 123-jährige Warenhaus-Geschichte im Herzen der Altstadt. An seine Stelle ist inzwischen das MarktQuartier Recklinghausen getreten, das dem prominenten Standort wieder Leben eingehaucht hat. AIP Architekten haben nach intensiver Analyse des Standorts eine Immobilie mit maßgeschneiderten Nutzungsmöglichkeiten geplant und umgesetzt. Während der Planungsphase, die 2018 begann, wurde das Gebäude temporär als kulturelle Stätte genutzt. Nach der Fertigstellung 2023 sorgen Handelsunternehmen, ein Café mit Terrasse, Praxen und Büros, ein Hotel, eine Kita und betreutes Wohnen für einen vielseitigen Nutzungsmix.
Die Ausgangslage war geprägt von den Folgen des Bergbaus. Seit 1892 wurde in Recklinghausen eine Bergsenkung von rund sechs Metern verzeichnet. Im einstigen Karstadt-Gebäude schlug sich dies mit teilweise bis zu 80 Zentimetern Schieflage nieder. Auch die Höhen im Bestand und die Geschossdeckenstärken stimmten nicht mit den Planunterlagen überein. Die Folge: Ein Gebäudeteil musste abgerissen, Gebäudeübergänge auf die Neigung abgestimmt, die Horizontallasten der Stützen berechnet und Leichtbaufassaden geplant werden. Durch den Teilabriss ergab sich jedoch auch die Möglichkeit eines Hotel-Neubaus mit zusätzlichen Geschossen. Die historische Fassade zur Marktseite wurde weitestgehend erhalten und in den oberen Geschossen geöffnet, so dass hier Betreutes Wohnen mit Loggien und roten Markisen entstehen konnte. Zudem wurde der in den 70er-Jahren geschlossene Lichthof wieder geöffnet. Hier findet man nun einen attraktiven Innenhof mit viel Grün und einer großen Wasserfläche, der der Immobilie zusätzlichen Lichteinfall beschert. Das Gebäude neben dem Haupthaus, das ehemalige Bettenhaus, wurde um zwei Geschosse erhöht, in denen sich heute eine Kita befindet. Der Clou ist der Außenbereich mit Spielgeräten auf der Dachfläche.
Die Revitalisierung ist geglückt, wie AIP Architekten konstatieren und zugleich auf die besonderen Herausforderungen dieses Projekts hinweisen: „Die durch den Bergbau entstandene Absenkung des Gebäudes erforderte eine außergewöhnlich hohe Präzision in der Ausführungsplanung, da in allen Geschossen ein Höhenausgleich erfolgen musste. Maßgebend ist bei der Transformation eines bestehenden Warenhauses daher, sich den möglichen Hindernissen bewusst zu sein und bautechnische Lösungen zu finden, die eine wirtschaftliche Umnutzung sichern.“ Das Projekt belegte beim polis Award 2024 in der Kategorie „Reaktivierte Zentren” den zweiten Platz.
Fotos:
Marcel Kusch
www.marcelkusch.de
(Erschienen in CUBE Ruhrgebiet 03|24)