Öffentliches Wohnzimmer
Die neugestaltete Bibliothek Monheim greift den Gebäudebestand auch stilistisch auf
Seit 1974 ist die Bibliothek der Stadt Monheim zentral im hiesigen Bildungs- und Kulturzentrum untergebracht. Der Sichtbetonbau, der seinerzeit sogar mit einem Architekturpreis bedacht wurde, hat über die Jahrzehnte einigen Modernisierungsbedarf angesammelt. Dieser ist im Falle der Bibliothek auch veränderten Anforderungen an Büchereien geschuldet: Stand früher die Buchausleihe im Fokus der Bibliotheken, sind sie heute wichtige öffentliche dritte Orte, die nicht nur als Wissensspeicher, sondern auch als altersübergreifender Aufenthalts- und Veranstaltungsort eine übergeordnete soziale Rolle spielen – natürlich auch mit digitalen Medienangeboten. Franke Architektur | Innenarchitektur aus Düren, die bereits vor einigen Jahren das Hauptfoyer des Zentrums erneuert hatten, wurden auch mit der grundlegenden Neuordnung und Gestaltung der Bibliothek beauftragt. Die vorher eher funktional geprägten Räume transformierte das Büro dabei in ein öffentliches Wohnzimmer mit Wohlfühlatmosphäre – bewusst auch mit stilistischen Anklängen an die Seventies. Die Angebote sind in der 760 m² großen Bibliothek nach Altersgruppen und Buchgenres räumlich differenziert: Etwas seitlich separiert befindet sich im Erdgeschoss die Kinderbibliothek. Mit einem Atrium für Vorführungen und einer Filmprojektionsfläche sowie Lese- und Arbeitsplätzen wurde sie kindgerecht modernisiert und umgestaltet. Auch die beliebten „Tonies“ erhielten einen geeigneten Platz nahe der Ausleihtheke. Weiterhin befindet sich im Erdgeschoss der „Makerspace“, ein Schülercenter mit „Workbar“ am Fenster und weiteren Einzel- und Gruppenarbeitsplätzen, sowie der Sachbuchbereich. Die Abteilung für Belletristik ist auf der Galerieebene angeordnet, gegliedert in unterschiedliche Themenbereiche. Alle Räume wiesen vor der Baumaßnahme akustische Probleme auf, die den harten Betonoberflächen geschuldet waren. Um die Raumakustik zu verbessern, planten die Innenarchitekten eine hölzerne Akustikdecke über der Galerieetage. Zugleich lässt sich über Akustikvorhänge ein temporärer Bühnen- und Loungebereich separieren, der nicht nur Lesungen, sondern auch Kleinkunstveranstaltungen zur Verfügung steht. Dem vorhandenen anthrazitfarbenen Natursteinboden und den kühlen Sichtbetonflächen wurden überwiegend warme Materialien entgegengesetzt: Helle Eiche, schwarzes sowie durchgefärbtes MDF in verschiedenen Farben sind mit weißem HPL-Schichtstoff kombiniert. Die Siebziger spielen dabei nicht nur in die kräftigen Farben des Mobiliars hinein: Auch die als Sichtschutz gedachten Holzrahmen mit Verspannungen aus Makramee-Garn, die die „Workbar“ im Erdgeschoss separieren, ohne den Blick zu verstellen, haben ihren Ursprung in den 1970er-Jahren und passen deshalb perfekt in die Bibliothek.
Fotos:
Jürgen Ritterbach
www.foto-ritterbach.de
(Erschienen in CUBE Düsseldorf 03|22)