Aufgesetzt
Modernes Domizil fügt sich in denkmalgeschützte Umgebung ein
In der Villenkolonie bei Eberstadt finden sich die unterschiedlichen Baustile, die zwischen dem ausgehenden 19. Jahrhundert und dem Zweiten Weltkrieg vorgeherrscht haben. Kein Wunder also, dass sich hier heute einige denkmalgeschützte Villen (geplant von u. a. Fritz Becker, Heinrich Metzendorf oder Peter Müller) finden. Wenn hier ein neues Domizil entstehen soll, gilt es die Umgebung zu respektieren. Der Darmstädter Architekt Daniel Krafft hat das für seine privaten Bauherren übernommen. Dass das zweite Geschoss des Neubaus, das wie aufgesetzt erscheint, ein Satteldach besitzt, schafft nicht nur einen starken Wiedererkennungseffekt, sondern kommt den nahegelegenen Kulturdenkmälern ebenso entgegen wie die sich zurücknehmende Farbgebung und Form insgesamt. „Unser Ziel war es einen Entwurf zu realisieren, der sich respektvoll in die Umgebung einfügt und gleichzeitig modernes Wohnen ermöglicht“, führt Daniel Krafft zum Projekt aus.
Die Gebäudeform besteht aus zwei zueinander versetzten Baukörpern, die sich durch einen Materialwechsel voneinander absetzen. Durch den Versatz der beiden Kubaturen entstehen ein überdachter Eingangsbereich und ein überdachter Bereich im Osten. Damit das Obergeschoss aufgesetzt und eigenständig wirkt, haben die Architekten bereits beim Rohbau äußerst akkurat geplant und durch einen Versprung in der Deckenplatte den erwünschten Effekt erzielt.
Das im weißen Baukörper liegende Erdgeschoss mit Flachdach öffnet sich in südlicher Richtung zum Garten hin. Auf dieser Wohnebene mit ihrem offenen Grundriss liegen der Koch- und Essbereich, eine Bibliothek, ein Bad und ein Arbeitszimmer. Auf dieser Seite müssen sich die Bewohner:innen auch fast nicht zwischen drinnen oder draußen entscheiden: Die großzügigen Glasflächen lösen die Grenzen zwischen den beiden Bereichen auf, indem sie den Innenraum mit dem Außenraum verbinden. Schon das Öffnen der Schiebetüren vermittelt das Gefühl, sich mitten in der Natur zu befinden. Hier besticht das Raum-im-Raum-Konzept (Küchenzeile und Garderobe teilen die gleiche „Rückwand“) ebenso wie der hohe und mit einer Galerie versehene Treppenraum. Das Obergeschoss mit dem Satteldach ist wie eine fünfte Fassade umlaufend mit schwarzen Faserzementplatten umgeben, sodass nicht nur eine homogene Wirkung entsteht, sondern auch eine geschützte Atmosphäre. Steht doch dieser Bereich mit den privaten Rückzugsräumen wie Schlaf- und Badezimmern für Geborgenheit, Rückzug und Ruhe.
Wohnfläche: 304 m²
Grundstücksgröße: 951 m²
Bauzeit: 16 Monate
Bauweise: Massiv
Energiekonzept: Luftwärmepumpe + Wärmerückgewinnung
Fotos:
Lennart Wiedemuth
www.lennartwiedemuth.com
(Erschienen in CUBE Frankfurt 02|24)