Freundlicher Schrein
Sanierung, Umbau, Erweiterung und Öffnung des Medizinhistorischen Museums
Bei der „alten Dame“ an der Ecke Luisen- und Schumannstraße treffen alte und neue Medizin aufeinander. Gleich neben der renommiertesten Klinik Deutschlands, der Charité, steht das denkmalgeschützte Gebäude des Medizinhistorischen Museums. Die Geschichte seiner Gründung reicht zurück bis ins Jahr 1899, als die Bauarbeiten nach dem Entwurf des Architekten Ludwig Hoffmann begannen. Zeit für eine Auffrischung der alten Bausubstanz und für einen Umbau.
Das Berliner Architekturbüro Rustler Schriever entwickelte ein Gesamtkonzept für eine an das 21. Jahrhundert angepasste Transformation. Die Architekten nennen ihr Konzept ein „schöpferisches Weiterbauen“. Dazu gehören durchaus leichte, im Rahmen des Denkmalschutzes zulässige Subtraktionen und Additionen. Die Eingangssituation präsentiert sich nun einladender und repräsentativer: Ein neuer Vorplatz wurde geschaffen und der alte Eingang durch ein neues Portal aus Baubronze, einer Legierung aus Kupfer, Zink, Mangan und Blei oder Eisen, ersetzt. Ein weiterer Schritt war das Öffnen der Fassade durch großformatige Fenster als „Schauvitrine“. Auch hier wurde – brünierte – Baubronze als Rahmen für die Vitrinen eingesetzt. Die vorher eher in dunklen Räumen in Regalen präsentierten „Exponate“ werden nach aussen und in die Fassade integriert. Im Wesentlichen war das Haus eine überdimensionierte Vitrine für medizinhistorische Präparate von ausgeweideten Leichnamen im Dienste der Forschung. Nicht alle gezeigten Objekte sind für schwache Nerven erträglich und Jugendliche unter 16 Jahren dürfen das Gebäude nur in Begleitung Erwachsener betreten. Jetzt lockt ein großräumiges Foyer mit Shop und Sitzmöglichkeiten ins Innere. Durch den Ausbau des vierten und des Dachgeschosses zum Depot wurde Platz für die riesige Sammlung geschaffen, für die bereits von Rudolf Virchow gesammelten, unfassbaren 23.000 Präparate. Durch geschickte Anordnung der Sammlung und den erwähnten Ausbau konnte im ersten Obergeschoss Platz für Wechselausstellungen geschaffen werden. Eine umfassende Sanierung des gesamten Gebäudes war seit der Eröffnung im Jahr 1905, also kurz vor dem 120. Geburtstag, dringend nötig. Die Architekten nutzen diese Gelegenheit um ein komplettes Umbaukonzept zu entwickeln und umzusetzen. Von entscheidender Bedeutung ist dabei die Schaffung des Vorplatzes und die freundlichere, offene Gestaltung des „Augenscheins“ des Museums. Der früheren, eher düsteren Anmutung folgt nun eine zeitgemäße einladende äußere Erscheinung.
Fotos:
Marcus Ebener
www.marcus-ebener.de
(Erschienen in CUBE Berlin 04|24)