Es werde Licht
Der Charakter dieser Wohnung bestimmt das Lichtkonzept
Selten hat ein Lichtplaner das Glück, für eine nahezu unmöblierte Wohnung „roh“ ein Lichtkonzept zu entwickeln und überdies einen Auftraggeber zu haben, der ihm freie Hand lässt. Diese günstige Ausgangssituation hatte Thorsten Kußmack, Architekt und Lichtgestalter, mit einem Auftrag für eine Wohnung in Friedrichshain. Zum Start seiner Arbeit war der Bau bereits so weit fortgeschritten, daß die Elektroinstallation bis zu den Auslässen bereits verlegt war. Es mußte für die Beleuchtung also mit diesen vorhandenen Positionen umgegangen werden, da sich wegen der Betondecke keine Kabel mehr verziehen ließen.
Der zentrale Wohn- und Küchenbereich mit seinen großen Fensterflächen inspirierte den Lichtgestalter dazu diesen Raum mit Pendeln zu füllen, die sich in den Scheiben spiegeln und damit den Raum nach außen erweitern. Da die Wohnung in der achten Etage liegt und zusätzliche Glasbrüstungen besitzt, entsteht ein umso eindrücklicher Spiegeleffekt. Daher kamen nur kleine Lichtpunkte in Frage. Auf die Wände durfte kein Licht treffen, um die Aussicht bei Dunkelheit nicht zu stören. Die Wahl fiel auf eine Leuchte in Sonderausführung mit weißem Baldachin. Durch die relativ hohe Zahl von neun Leuchtengruppen à drei Einzelpendeln ergab sich ein fülliger Effekt tanzender Tropfen. Die Pendelhöhen wurden einzeln vor Ort mit der installierenden Firma festgelegt – zum Fenster hin höher, im Sitzbereich tiefer, insgesamt aber jeweils unterschiedlich. Die gleiche Leuchte wurde auch für den Küchenbereich verwendet, neben der ebenfalls abgependelten Abzugshaube. Der relativ enge Abstrahlwinkel erhellt Boden und Tischplatten, die Wände bleiben jedoch nahezu frei von Licht. Im Fenster setzen sich auch hier die Lichtpunkte fort in die Nacht. Dazu gibt es nur zwei Stehleuchten, die wie die vorgenannten Leuchten das Thema „Kugel, Auge und Linse“ aufnehmen, als Konzession an den Auftraggeber, der im Bereich der Augenheilkunde tätig ist. Die Stehleuchten stellen die Verbindung zu den restlichen funktionalen Strahlern in den peripheren Fluren und Schlafräumen her. Hierfür fiel die Wahl auf Linsenstrahler. Diese sind ebenso an den festgelegten Auslässen montiert und durch ihre Justierbarkeit sowie passende Linsenauswahl auf die Lichtaufgabe angepasst. Durch ein Innenfenster zum Bad fällt Flurlicht in dieses ein und liefert Lichtstreifen am Boden, bedingt durch die Ätzung des Glases. Dadurch kann eine gedämpfte Lichtstimmung im Bad erzeugt werden.
Fotos:
Lichtektur
(Erschienen in CUBE Berlin 04|24)